Sonntag, 28. April 2019

Das Beffchen....

... ist eigentlich das einzige Kleidungsstück  in meinem Hause, das regelmäßig  mit Sprühstärke  gestärkt wird.
 
Aber was ist ein Beffchen?
Das Beffchen gehört aufgrund einer königlichen Anordnung aus dem 19. Jahrhundert (damals, als in Preußen und anderswo "Thron und Altar" noch eine Einheit bildeten...) zur liturgischen Gewandung der evangelischen Geistlichen. Das Beffchen liegt auf dem schwarzen Talar auf bzw. hinge, wenn nicht gestärkt, traurig vom Hals herab. Zwei Stoffstreifen mit Beiwerk zum Binden, Einhängen, Einknöpfen, je nachdem...
Für weitere Informationen und Erklärungen verweise ich auf diesen Artikel, den zwei Kollegen aus dem Verein für württembergische Kirchengeschichte geschrieben und über das landeskirchliche Archiv veröffentlicht haben. Da findet sich  alles, was es über Talar und Beffchen zu wissen gibt und auch noch ein bisschen mehr. Zum Beispiel wird dort auch die Albe erwähnt, das weiße Chorhemd, das ich  als junge Vikarin nach dem örtlichem Gebrauch meiner Ausbildungsgemeinde bei Taufe und Abendmahl noch getragen habe. Sehr gut von der damaligen Mesnerin in aufwändiger Arbeit gepflegt, gewaschen und gebügelt,
hing die Albe im Schrank der Sakristei und wurde zu Taufe und Abendmahl rechtzeitig herausgeholt.
Heute wird es auch dort nicht mehr verwendet.

Aber zurück zum Beffchen.
Talar und Beffchen gehören im evangelischen Bereich (mindestens soweit ich das weiß) zum Privatbesitz
der jeweiligen Geistlichen.
Mein Talar hat ungefähr so viel gekostet wie mein Brautkleid,. das nur mal ganz nebenbei. Erstklassiges Material und sehr gute handwerkliche Verarbeitung. Und - bei der Recherche für diesen Artikel habe ich gelesen, dass der Kragen für recht wenig Geld ausgetauscht, also neugefertigt werden kann!
Das überlege ich mir tatsächlich, denn als ich neulich den Kragen inspiziert habe ( weil ich einen Knopf annähen musste), sah ich, dass da doch einiges an Materialermüdung, Rissen und so erkennbar ist. 

Da ich einer lutherischen Landeskirche angehöre, trage ich auch die lutherische Form des Beffchens,
zwei Stoffstreifen, offen.
Wenn so ein Beffchen aus der Wäsche kommt, dann sieht es etwa so aus.
Dieses Beffchen in eine ordentliche Form und Optik zu bringen, war früher Aufgabe und Visitenkarte einer Pfarrfrau. Ob das heute noch so ist?
Ich weiß jedenfalls - Sprühstärke ist bei diesem Geschäft unverzichtbar! Und eine gesäuberte Bügeleisenfläche! Und ein absolut sauberes Bügeltuch! Diese drei! Unverzichtbar!!! Wie das Foto zeigt,
haften auch feinste Stofffädchen und andere Fussel am Beffchen!
 (Ich ergänze: Mit Bügeltuch meine ich die Unterlage, auf der ich bügle, nicht ein Tuch drüber zum "Dämpfen". Aber das wäre auch eine gute Idee. Dann wären es schon vier!)

 Aufbewahrt werden meine 6 Beffchen  in einer feinen kleinen Schachtel,
die Reservebeffchen nur grob gebügelt,
oben auf eines, das sofort einsatzfähig wäre, wenn es gebraucht wird. Oft brauche ich es ja nicht.
Und unten drunter, ja, da liegen Taufanzug und -mützchen  meiner Kinder. Auch in weiß...


5 Kommentare:

Augusta M hat gesagt…

Liebe Ingrid,
vielen, vielen Dank für diesen interessanten, informativen Artikel. Über all diese Dinge habe ich mir so noch keine Gedanken gemacht...ich bin auch evangelisch und lebe mit meinem Mann in einer katholisch geprägten Gemeinde im westlichen Münsterland. Meine Cousine hingegen hat es ins Würtembergische verschlagen, wo sie in Biberach Pfarrerin ist.

Dir noch einen schönen Sonntag
Liebe Grüße
Augusta

Nana hat gesagt…

Also Du bist Priesterin oder Pfarrerin? So nennt man das also, auch ich finde Deine Erklärung sehr informativ und ich finde, Du kannst ruhig öfters über sowas berichten. Heute ist den wenigsten das christliche, kirchliche ein festes Wissen oder Begriff.

Nana

Beate Ohneblog hat gesagt…

Liebe Ingrid,
DANKE für die guten Tipps! Obwohl ich schon seit über 25 Jahren evangelische Pfarrfrau bin, habe ich bis heute die Beffchen meines Mannes falsch gebügelt, nämlich ohne Bügeltuch - Schande auf mein Haupt. Dadurch entstehen natürlich leicht glänzende Stellen auf den Ecken mit den Nahtzugaben. Bisher haben sie meinen Mann nicht sonderlich gestört und ich habe auch nie an einem Wettbewerb zur besten Pfarrfrau teilgenommen ;-)
Aber beim nächsten Mal wird ein Bügeltuch zum Einsatz kommen!
Im eigentlichen Sinne bin ich auch keine "richtige" Pfarrfrau mehr, da ich nach der Kinderpause wieder in Teilzeit berufstätig bin. Das wäre früher natürlich unmöglich gewesen.
Viele liebe Sonntagsgrüße sendet Beate

Ingrid hat gesagt…

Liebe Beate,
herzlichen Dank für deinen Kommentar. Mit Bügeltuch meinte ich die Unterlage, auf der ich bügle. Aber das Tuch obendrüber, wie zum Dämpfen, das wäre auch noch eine Idee -
oder schon viel zu viel der Perfektion. Den Pfarrfrauenwettbewerb würde ich auf keinen Fall gewinnen, den Pfarrerinnenwettbewerb auch nicht. So perfekt wie diesmal gelingt mir die Büglerei auch nur seltenst! Deshalb wohl auch dieser Beitrag.
Mit größtem Respekt vor allen Pfarrfrauen, nicht nur des Bügelns wegen...
Ingrid

amselgesang hat gesagt…

Also - jetzt bin ich doch gleich gelaufen und hab das (schon länger nicht mehr gewaschene - er ist ja im Ruhestand) Beffchen meines Mannes inspiziert, und ich muss gestehen: ein bisschen Sprühstärke würde sicher nicht schaden... Das hab ich noch nie gemacht, Schande über mein Pfarrfrauenhaupt!
Zum Thema Talar: Mein Mann hat anfangs immer seinen aus Siebenbürgen mitgebrachten ungarisch-reformierten (beffchenfreien) Talar getragen - den ich übrigens viel schöner finde als unseren württembergischen Lutherkittel -, und niemand hat sich daran gestört bis auf einen Herrn, der das dann mal beim OKR gemeldet hat... seither hängen bei uns also zwei schwarze Gewänder, und je nach Anlass wird ungarisch oder württembergisch des Amtes gewaltet. :)
Herzliche Grüße aus dem Neckartal,
Brigitte

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