Meine Kollegin Margit, Gemeindepfarrerin in
Rakvere und Haljala im Norden Estlands
bekam diese Rose an Karfreitag von ihren Konfirmanden geschenkt.
Von
Karfreitag bis Trinitatis, bis zum Dreieinigkeitsfest oder Dreifaltigkeitsfest, das ist eine lange
Zeit, genau: 8 Wochen und 2 Tage.
Aber die Rose blüht und ist immer noch schön. An Trinitatis.
In der Mauritiuskirche in Haljala. Im Norden Estlands.
Wir sind eher zufällig des Weges gekommen, auf unserer (Halbrund)reise durch Estland. Selbst- organisiert, allein zu zweit, mit Mietwagen und Wanderschuhen. Die Kirche stand im Reiseführer - eine Wehrkirche - und lag auf dem Weg vom Norden in den Osten.
So hielten wir an, schlenderten um die Kirche herum. Es war Sonntag. Trinitatis und von innen war die Orgel zu hören. So betrat ich die Kirche und setzte mich in die mittlere Bank.
Der Gottesdienst war gerade zu Ende. Das Orgelspiel war der Schlusschoral.
Eine sehr, sehr kleine Gemeinde. Das kennen wir auch. Kinder. Wenige Erwachsene. Knapp zwanzig mögen es gewesen sein.
Aber ein "Kirchenkaffee" war vorbereitet und wir wurden sofort sehr herzlich und freundlich begrüßt und dazu gebeten.
Der Tisch war gedeckt. Die Rose, die 8 Wochen und 2 Tage auf dem Altar gestanden hatte,
schmückte nun den Kaffeetisch.
Speckkuchen und ein Zimt-Hefe-Zopf vom allerfeinsten..... Und eine große Freundlichkeit. Eine deutsche Kollegin aus Hessen war zu Gast; bei einer Begegnungstagung deutscher und estnischer Pfarrer. So waren wir zu dritt, 3 Pfarrerinnen, das habe ihre Kirche auch noch nicht gesehen, meinte Margit. Sie sprach ausgezeichnet Deutsch, und wir kamen schnell ins kollegiale Fachgespräch. Wie es bei uns so sei, und wie bei ihr. Ich berichtete aus dem Alltag einer deutschen Schulpfarrerin, fasste Beobachtungen aus über 25 Jahren Dienstzeit zusammen.
Margit übersetzte, die kleine Gemeinde hörte interessiert zu. Und wir dann andersherum.
Eine unerwartete, eine herzliche Begegnung. Eine Brücke. Eine Tür, ein Raum im gemeinsamen Haus.
Oiku-mene: Das Haus der Welt. Kennenlernen. Im Fremden das Gemeinsame entdecken.,
So soll es sein. Unter Christen.
Es hat gut getan, diese Begegnung am Sonntag Trinitatis. Der Sonntag, der zeigt, dass Verschiedenheit, Unterschiedlichkeit, Vielfältigkeit Einheit nicht zerstört, sondern stiften kann -
weil sie aus der Liebe des Einen Gottes entspringt, der sich selbst entfaltet hinein in Vielfalt.
Heute nun ist schon der
1. Sonntag nach Trinitatis.
Wir sind wieder wohlbehalten zu Hause angelangt. Wieder im Gottesdienst, beide mit einem kleinen Vertretungsdienst. Das Gotteshaus hell und baulich in gutem Zustand, ganz anders als die Mauritiuskirche in Haljala. Aber auch bei uns, mitten in Württemberg, ist die Gottesdienstgemeinde klein; nur wenige einer nach Zahlen großen Gemeinde besuchen den Gottesdienst. Margits Gemeinde hat 60 zahlende Mitglieder; 15 etwa besuchen jeden Sonntag den Gottesdienst. Prozentual viel höher als bei uns, und das in einem Land, das als nicht-religiös gilt.
Das gibt zu denken.
Trotzdem - auch heute war es schön. Vertraut. Voller Musik und Gesang. Ein Nebensitzer, mit dem es sich gut singen ließ.
Mit dem Segen und dem Frieden als Thema.
Und mit dem Trinitatislied 139 aus dem Evangelischen Gesangbuch.
Daraus zwei Verse:
Gelobet sei der Herr, mein Gott, mein Licht, mein Leben.
Mein Schöpfer, der mir hat mein Leib und Seel gegeben,
mein Vater, der mich schützt von Mutterleibe an,
der alle Augenblick viel Guts an mir getan.
Gelobet sei der Herr, mein Gott, mein Trost, mein Leben,
des Vaters werter Geist, den mir der Sohn gegeben,
der mir mein Herz erquickt, der mir gibt neue Kraft,
der mir in aller Not Rat , Trost und Hilfe schafft.
(Johann Olearius, 1665)
Zur Melodie erzähle ich eine andere Geschichte. Auch aus Estland. Irgendwann.
.... Und die Rosen in meinem Garten werden mich wohl immer wieder an diese Rose erinnern,
die blüht, von Karfreitag bis Trinitiatis und vielleicht auch noch heute.....
Euch Allen einen frohen Rest-Sonntag und eine gute Woche.