Sonntag, 30. Oktober 2011

Die Schwäbische Hausfrau....

... wird von Politikern aller Couleur und Parteien gerne bemüht, wenn es darum geht eigene Versäumnisse und Unzulänglichkeiten mit solider Wirtschaftlichkeit und vor allem solider, planvoller, nachhaltiger Wirtschaftsplanung zu vergleichen; gilt als Musterbeispiel für letztere doch die Schwäbische Hausfrau im
Allgemeinen und Besonderen. Die Schwäbische Hausfrau ist unzweifelhaft ein Kulturgut - und daher wird
"schwäbisch" in diesem Falle auch groß geschrieben, als eigenständiger Begriff und nicht einfach nur als Adjektiv!!!! Ihr sei dieser Beitrag aus aktuellem Anlass gewidmet.
Auch Frau Allerleisocken ist ja - bekanntermaßen - neben all dem anderen, was sie so tut und auch lässt,
eine bekennende Schwäbische Hausfrau. Darum hat sie sich gestern abend, müde und abgeschafft und noch "im Dreck", vor den Fernseher gesetzt um die Nachrichten zu hören (und ausnahmsweise auch zu sehen, weil sie sogar zu abgeschafft zum Stricken war....).
Und was musste sie da hören? Es war die Rede von Unmengen Geldbeträgen, die nicht mit dem zu vergleichen seien, was die Schwäbische Hausfrau in ihrer Keksdose verstecke und dann darin vergesse - so das Zitat des Herrn Bundestagsabgeordneten.
Als nun Frau Allerleisocken nach dem wohlverdienten Schlaf und dem Genuss des verlängerten Sonntags
(Zeitumstellung!) alleine (denn die Familie ist zum größten Teil aushäusig) gemütlich frühstückend die
Sonntagszeitung las, bekam sie - gleichsam kostenlos - das Gleiche noch einmal serviert, diesesmal schriftlich.
Das allerdings trieb ihr keineswegs die Zornesröte ins Gesicht, denn eine Schwäbische Hausfrau weiß und kennt ihre Vorzüge durchaus und steht über aller Polemik und allen Vergleichen.
Trotzdem - ein bisschen Nachhilfe muss sein, von der bekennenden Schwäbischen Hausfrau.
Das Ganze didaktisch aufbereitet und gegliedert in drei Punkte. Wie im Unterricht oder in der Predigt.

1. Die Schwäbische Hausfrau erfreut sich in der Regel tatsächlich eines guten wirtschaftlichen Denkens, Planens und Handelns. Sie beherrscht nicht nur Kochen, Backen, Staubwischen und Besenschwingen, sondern auch Lesen, Schreiben und Rechnen - und das schon fast seit Herzog Christophs Zeiten, der schon bald nach der Einführung der Reformation in unserem geliebten württembergischen Schwabenland (1534!)
auch die Allgemeine Schulpflicht einführte.
Dorf-und Stadtschulmeister und seit gut 100 Jahren auch Schulmeisterinnen (welche zugleich auch immer Schwäbische Hausfrauen waren....) ließen es sich über alle didaktischen und schulpolitischen Notwendigkeiten hinaus nicht nehmen, die künftigen Schwäbischen Hausfrauen nicht nur mit den Grundrechenarten, sondern auch mit dem Kleinen und Großen Einmaleins, mit Dreisatz und Prozentrechnen, ja selbst mit Zins und Zinseszins vertraut zu machen. Selbst Mengenlehre (die Frau Allerleisocken übrigens durchaus verstand und beherrschte und bis heute auch den Sinn darin sieht) und Fernsehmathematik-Unterricht (in dessen Genuss die Verfasserin in der 6. Klasse kam, genial!) konnten dieser Bastion der Schule für das künftige Leben als Schwäbischer Hausfrau nichts anhaben. Von Nix kommt Nix. Deshalb das Kopfrechnen.
Schwäbische Hausfrauen können also addieren, subtrahieren, mulitplizieren und dividieren. Sie wissen, wie ein Kuchen gerecht aufgeteilt wird und sie brauchen die Angabe des Kilopreises im Supermarkt, den uns die EU beschert hat, nicht. In der Regel haben sie das Rausgeld auch schon berechnet, bevor die Kasse es anzeigt.
Schwäbische Hausfrauen wissen, was eine Summe ist. Sie verwechseln weder Plus noch Minus und auch nicht Addition und Subtraktion und sollte die Schwäbische Hausfrau in ihrer vergangenen Jugend auch noch in den Genuss der höheren Mathematik gekommen sein, so weiß sie, dass große Zahlen nur eine Potenzierung der kleinen Beträge sind, dass die gleichen Grundrechenarten gelten und dass sich das Abstrakte immer am Konkreten messen lassen und bewähren muss.

2. Weil die Schwäbische Hausfrau Plus und Minus unterscheiden und gut rechnen kann (und oft auch muss...),
weiß sie, dass am Ende möglichst kein Minus herauskommen sollte.
Wenn ihr das gelingt, was durchaus nicht immer einfach war und ist (denn Württemberg war ein armes Land und leider gibt es auch heute in unserem reichen Land immer noch sehr viele Menschen, die jede Ausgabe sehr genau berechnen und abwägen müssen) - dann, ja dann steckt die Schwäbische Hausfrau ihr Geld keineswegs in eine Keksdose, sondern trägt es - seit Königin Katharinas Zeiten, also so um 1810 - auf die Sparkasse, entweder auf die soliden, lokalen  Genossenschaftsbanken - oder gleich auf die Bausparkasse,
egal ob die in Stuttgart sitzt, oder in Hall oder in Wüstenrot. Ihren mühsam erwirtschafteten Überschuss vergessen und dann auch noch in einer Keksdose - das passiert einer Schwäbischen Hausfrau in aller Regel nicht. Punkt. Denn - und damit komme ich zum 3.Punkt:

3. Ihre Keksdosen braucht die Schwäbische Hausfrau für etwas ganz anderes - nämlich für all die Brötle und Gutsle (hochdeutsch: Plätzchen), die sie zur Advents-und Weihnachtszeit so reichlich fabriziert.
Sind die Dosen dann leer, werden sie sauber gespült, verschlossen und an abgeschiedenem, aber gut zugänglichem Ort gelagert (auf dem Kasten = Kleiderschrank im Schlafzimmer, auf der Bühne = Dachboden
oder im Keller...) Darin Geld zu verwahren - frau stelle sich vor: abgegriffenes, schmutziges Geld... in einer der nahezu sakrosankten Dosen, die gepflegt und gehütet werden und vererbt über Generationen....
. Herr Bundestagsabgeordneter: Mir graust davor!

Um ihrem Graus abzuhelfen, hat Frau Allerleisocken sich heut in der Früh entschieden, ganz geschwind, auch außerhalb der Adventszeit einige Brötle zu backen.
Sie hatte nämlich noch 2 Eiweiß übrig, eine halbvolles Päckle geriebene Haselnüsse und 1 fast volles Päckle Puderzucker, hat alles geschwind zusammengerührt, es - solange sie in der Kirche war-  im Kühlschrank ziehen lassen, nach dem Kirchgang noch einige Nüsse geknackt, den Teig in Häufchen aufs Blech gesetzt und in den Ofen geschoben.
Es duftet schon, die Plätzchen müssen aus dem Ofen. Ein Teil kommt in die Dose, den Rest gibts heute Nachmittag zum Kaffee, nach einer kleinen Wanderung, wo sie schauen will, was die Natur ihr Dekoratives bietet.
Darum: Herzlichen Dank an den Herrn Bundestagsabgeordneten und seinen Vergleich! Ohne ihn hätte Frau Allerleisocken heute keine Gutsle, weder zum Kaffee noch in der Dose, sondern ihr übriggebliebenes Eiweiß wohl einfach in den Fleischküchlesteig gerührt.

Zum Schluss noch eine Anmerkung an alle meine lieben nichtschwäbischen Leserinnen,
die ihr irgendwo zwischen Baden und Neuseeland, zwischen Bayern, Hessen und Brasilien eurem Haushalt vorsteht: Selbstverständlich seid auch ihr mindestens so gute Hausfrauen wie ich und all die anderen Schwäbischen Hausfrauen. ICH weiß das wohl. Aber IHR, ihr werdet nie zitiert. Nur WIR, die Schwäbischen Hausfrauen. UNSERE Ehre steht hier auf dem Spiel
Drum bitt ich euch: Tragt es so, wie es gemeint ist: mit HUMOR!!

PS: Jetzt hätte ich mir doch fast den Mund verbrannt; an heißen, duftenden Gutsle....

12 Kommentare:

Anne-Mettes Oaser hat gesagt…

Liebe Frau Allerleisocken ;-).
Ich habe mich beim Lesen köstlich amüsiert :-). Was Frau alles hört und liest.
Ich wünsche dir einen herrlichen Sonntag.
Herzliche Grüsse aus dem Norden,
Anne-Mette

Anonym hat gesagt…

also ich musste so lachen bei deinem Beitrag und es steckt immer ein stück Fucken wahrheit dahinter *zwinker* da haste richtig Kontra gegeben
*spitze*
ich bin gebornene Schwäbische Hausfrau!
Das müsste in die Zeitung*zwinker*
Liebe Grüsse Elke

Sigrun hat gesagt…

Gröl! Ein klasse Beitrag. Als ich das gestern im Fernsehen sah, ging mir schon der Kamm hoch. Ich hab auch gesagt, wenn ich als Iso-Normalfrau 1000 Euro nicht bei der Steuer angebe, werd ich verdonnert, aber denen oben darf das in Milliardenhöhe einfach mal so passieren! Peinlich ist kein Wort dafür.

Ich hatte eigentlich ein neues Spätzlerezept nach deinem Entré erwartet, zum Glück kam ja am Ende noch ein Rezept! Danke.

Sigrun

Anonym hat gesagt…

Wie ? Eine schwäbische Hausfrau vergisst keine 55 Mrd in der Keksdose ? Tze ... da kann man mal wieder sehen wie weit man Politikern trauen kann. Nämlich genauso weit, wie man ein Klavier werfen kann...

Mal ehrlich... Als ich den Beitrag gesehen habe dachte ich auch: Bankmüsste man sein. Dann lässt sich jeder Ausreden für meinen Bockmist einfallen...

josali hat gesagt…

Hihihi, hab mich köstlich amüsiert. Herzlichen Dank für den Lacher.
Liebe Grüße
Tanja (die zwar keine schwäbische Hausfrau, aber vom Fach ist und sich immer noch fragt, wie zwischen Soll und Haben Milliarden verschwinden ;o))

Amelie hat gesagt…

Da mußte ich doch schmunzeln! Als echte Neigschmeckte finde ich, dass die schwäbische Hausfrau aller Achtung wert ist. Nur Politiker können sich wahrlich nicht mit ihnen vergleichen. ;-))))
LG Amelie

Anonym hat gesagt…

Es geht - lt. meiner Mutter - noooch 'schlimmer' als Schwaebische Hausfrau; sie wirft mir vor: die Laus um den Balg zu schinden. Laus nicht Maus!
In Muenchen wurde ich dann auch noch 'Schottischer Schwabe' genannt.
Und dies obwohl ich Niederbayer bin (auch wenn meine Wiege, aeh Wege, jetzt irgendwo zwischen ... und Neuseeland begangen werden).
Ich muss aber sagen, dass ich mich in den Jahren welche ich in 'schwaebisch-grenz-nah' gewohnt habe schon sehr wohl dorten fuehlte und entzueckt war ueber deren Mentalitaet; meine eigene fiehl da gaaaar nicht sooo sehr auf :-)
:-D!

Und Kaes-Spatzen sind mir bis heute als eine meiner Lieblingsspeisen verblieben - auch wenn ich hierfuer immer den hiesigen 'Winter' herbeisehnen muss um den entsprechenden Kalorien-Inhalt zu rechtfertigen.

Tina hat gesagt…

Guten Morgen liebe Ingrid,

ich musste eben sehr schmunzeln und hab deinen Eintrag mehr als genossen :-) Jaaaaaa, lasst die Schwäbischen Hausfrauen mal ans Ruder, egal ob Politik oder Bankenvorstände, ich glaube, dann wäre Deutschland nicht so verschuldet!!!

Viele liebe Grüße
Tina

It´s my Life hat gesagt…

Welch wahren Worte köstlich ausgedrückt, ich musste beim lesen auch schmunzeln.
Jaaa in der Politik ist so manches möglich was in einem normal Haushalt undenkbar wäre.

Ich wünsche dir eine gute Woche
Irene

herbst-zeitlos hat gesagt…

Liebe Ingrid,
du glaubst gar nicht, wie sehr Du mir aus dem Herzen gesprochen hast! Allerdings hätte ich es niemals so wunderbar formulieren können.
Ich bin zwar eine nordrhein-westfälische Hausfrau, jedoch ist mir die schwäbische Mentalität wegen einiger lieber Freunde aus dem Ländle lieb geworden ... von der schwäbischen Küche mal ganz abgesehn!
Liebe Ingrid, ich werde weiterhin gerne Deine Posts lesen. Auch wenn ich nicht jeden kommentiere, triffst Du bei mir meistens 'ins Schwarze'.
Liebe Grüße, Christa

Brigitte hat gesagt…

Leider komme ich erst heute zum Lesen auf den Blogs. Denn ganz schwäbische Hausfrau, musste ich erst die Arbeit machen, die hier zentnerweise anstand und dann konnte ich mich dem Vergnügen widmen.

Ganz ehrlich: Ich habe das auch, genau wie du, in den Nachrichten gehört, und dann gelesen. Und noch ehrlicher: Ich dachte unverzüglich, dass es keiner schwäbischen Hausfrau je passieren könnte, dass sie Geld ausgibt, das sie gar nicht hat. Und in Zeiten der Emanzipation der Männer könnte es ja auch ein schwäbischer Hausmann gewesen sein.

Und noch ehrlicher: Welcher Frau würde ein solcher Ausspruch im Bezug auf Männer schon einfallen? Keiner.

Aber, ich nahm es mit Humor und ich weiß ja, wer es gesagt hat!

Lieben Gruß, Brigitte

Margrit hat gesagt…

Wie gut, dass ich Deinen Blog gefunden habe, sonst hätte ich eben nicht so schmunzeln können.
Ich bin zwar weit weg vom Ländle, habe aber durchaus Sympathien dafür. Besonders, wie hier schon jemand schrieb, für die Küche. ;)

Viele Grüße
Margrit

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