Ich führe heute nach Effringen, an den Ostrand des Schwarzwaldes. Effringen gehört zum Städtchen Wildberg, hoch über dem Nagoldtal. Kurz danach auf der Hochfläche, da liegt Effringen - und mittendrin die Marienkirche.
Aus Effringen stammt meine Urgroßmutter Friederike. Vor vielen Jahren, als Studentin, bin ich einfach mal spontan von Tübingen aus in den Schwarzwald gefahren und habe dort in Effringen tatsächlich Verwandte gefunden und bin sehr gastfreundlich und sogleich zum sonntäglichen Mittagessen eingeladen worden; Braten, Spätzle und Kartoffelsalat. So war das. Damals.
Diesesmal war die Kirche unser Ziel, denn im Evangelischen Gemeindeblatt war ein Bericht darüber, der uns inspiriert und eingeladen hat.
So nehme ich euch mit, in die große, alte Marienkirche. Sie steht da wie eine Burg und kündet vom Wohlstand des Dorfes in der Zeit, als die Kirche gebaut wurde.
Pfarrerin Sinner hat eine über Internet zugängliche Kirchenführung erstellt, die über die Homepage der Evangelischen Kirchengemeinde abrufbar ist.
Ein Audioguide mittels Smartphone; für mich ein absolutes Novum - und ich war und bin begeistert. Die Kopfhörer hatte ich eingepackt - und konnte genießen ohne andere zu stören.
Pfarrerin Sinner erzählt - über Entstehung und Geschichte und über den evangelischen Glauben, wie er sich in der Kirche zeigt und spiegelt. Immer wieder erklingt Orgelmusik, innerlich habe ich das eine oder andere bekannte Lied mitgesungen.
So wurde mir die halbe Stunde zur Andacht.
Die Bilder, die ich zeige, erkläre ich nur kurz. Wer mehr hören will, bediene sich doch des Audioguides.
Wer nach oben blickt, sieht es - das Paradiesgärtlein, überall rankt es... Grün.
Grün - ist auch das Parament der Kanzel und des Altars. Im Kirchenjahr ist jetzt die Zeit der "grünen Sonntage", der Sonntage nach dem Dreieinigkeitsfest.
Die erste Hälfte des Kirchenjahres, das am 1. Advent beginnt, ist von den Christusfesten geprägt, es ist das Halbjahr des Herrn.
Nach Pfingsten beginnt die Zeit des Wachsen, die Zeit der Gemeinde, der Kirche. Christsein will gelebt werden, gepflanzt, gepflegt, begossen mit dem Regen der Liebe, gejätet mit Gnade und Barmherzigkeit, so dass Glaube und austeilende, fürsorgende Gerechtigkeit wachsen kann, die jedem zukommen soll. Auch daran erinnen die grünen Paramente.
Ein kostbare Kanzel steht in der Effringer Kirche; eine der wenigen erhaltenen gotischen Kanzeln;
eine sehr schöne Steinmetzarbeit, die ich bewundert habe.
Der Aufgang von hinten ist schmal und eng. Da muss der Prediger oder die Predigerin achtsam und überlegt gehen - und geht zugleich unter einem Bild, das mahnt - zur rechten Predigt, unter der die Gemeinde nicht leiden muss.
Pfarrerin Sinner erklärt dieses Bild sehr genau - und ja, eine Predigt ist Auftrag und Zumutung zugleich, denn im Menschenwort soll Gottes Wort hörbar werden. In den Worten der Bibel,
den Worten, in denen auch Menschen ihre Gotteserfahrung formuliert haben - und in der Auslegung, in der Menschen das heute tun. Der Glaube kommt aus der Predigt - so hat
Martin Luther es formuliert.
Mit echten Rosen geschmückt...
der uralte Taufstein, so tief, dass damals die Kindlein ganz eingetaucht werden konnten.
Hinter dem Altar, im Chorraum steht die Rokoko-Orgel, heiter, verspielt - und ungewöhnlich,
Nur noch wenige Orgeln stehen an dieser zentralen Stelle, wenn sie denn jemals dort standen.
Vor der Orgel - im Zentrum der Kirche und des Glaubens - Christus am Kreuz;
nicht mehr königlich-souverän wie in der Romanik, sondern mit ausgebreiteten Armen -
- der Heiland; unsere Zuflucht in Angst und Kummer und Sorge...
Und schließlich das Pfingstloch - einmal im Jahr wird es geöffnet - Symbol für Offenheit und Weite, für den frischen Wind, für den Heiligen Geist, der auch mal "lüftet" und neue Luft zum Atmen schenkt. Dem und der Einzelnen und der Kirche!
Also, wer mehr hören will, findet hier den Weg zum Audioguide.
Zum Schluss, ganz weltlich: Ein sehr gelungener kleiner Anbau zwängt sich zwischen alter Kirche und Mauer! Barrierefreies WC; ein Raum, in dem auch mal eine kleine Besprechung gehalten werden kann; vielleicht ein Gespräch, Wasseranschluss und Spülbecken für die Mesnerin -
denn das Abendmahlsgeschirr muss ja anschließend auch gespült werden.
Und ein Raum, in den sich vielleicht auch eine Mutter zum Stillen zurückziehen kann, wenn das Kind dazu Ruhe braucht. Oder ein Vater, der das quengelnde Kind zum Schlafen trägt -. und trotzdem der Predigt noch zuhören kann. Eine Kirche für die Menschen, damals und heute!
Und zum guten Schluss bzw. Post Scriptum:
Sehr herzlichen Dank für die vielen Kommentare zum letzten Beitrag - zur Jacke, aber auch zur Blogmüdigkeit.
Von euch zu lesen hat mir gut getan. Danke!