Sonntag, 29. Juli 2012

Heidelbeeren mit Sahne....

... oder frischer Milch - daran erinnern mich diese Socken.
1. Zuerst zu den Socken:
Gestrickt aus handgefärbter Wolle von Heike, gekauft vor Jahren in den Anfängen meines Internet-Strickerinnen-Daseins. Ein Strang war schnell verstrickt, die anderen lagerten irgendwie immer unten... und sind ein absoluter Hochgenuss. Die Qualität des Garnes ist perfekt, fest, griffig und doch weich, Masche für Masche. Schon ungewaschen ist das Maschenbild vom feinsten.
Auch die Färbung finde ich sehr schön, feine Ringel, darunter das Weiß. Gut, dass ich noch einen Strang in Grüntönen habe! Und Gut, dass der Heidelbeerstrang gut ausgewogen ist, verbraucht sind nur 59 g; übrig noch 43!  Mit ein bisschen sahnigem Weiß (im Vorrat) reicht das nochmal ein Sockenpaar.

2. Dann zum Muster:
Was bei mir das Falsche Schwarzwaldzöpfle ist, heißt bei Friederike "Erlenzäpfchen".
Nur geht bei ihr das "unverzopfte" Gestrick über drei statt nur zwei Reihen. Es ist eines der alten Strick"rezepte" ihrer Großmutter. Früher gab es ja weniger die ausgefeilten Anleitungen und Hochglanzhefte,
auch kein ravelry und Internet, sondern die Grundmuster wurden weitergesagt, gemerkt, vielleicht aufgeschrieben, der Zettel, das Büchlein im Nähtisch verwahrt - und dann eingesetzt, wo es frau richtig schien, in Strümpfen, Jacken, Pullovern, für Kind, Mann und Frau.
Jedes Strickstück war ein Eigenentwurf und meist ein Unikat.
Friederike nun hatte die glänzende Idee, Bündchenmuster zu sammeln, anzustricken, zu zeigen und anzuleiten. Hier wird frau und man fündig! Danke, Friederike.
Ich habe nun nicht nur das Bündchen im vertrauten Muster, egal welchen Namens, gestrickt, sondern auf der
Vorderseite noch einen schmalen Musterstreifen runterlaufen lassen. Am Fuß habe ich das ganze dann in
glatt rechts mit je zwei linken Maschen aufgelöst.
Wenn die Socken wieder trocken sind, füge ich davon noch ein Bild ein.


3. Aber nun zu den Heidelbeeren oder Blaubeeren.
Sie gehören zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen.
Immer in den Sommerferien fuhren wir auf Urlaub zu den Großeltern in den Bayrischen Wald, mit dem Zug, vom Schwabenland. Zwei Kinder, Koffer, Taschen und Gepäck und mehrmals Umsteigen. Auf jeden Fall in Ulm, in München und in Plattling. Manchmal auch in Landshut. In Regen wurden wir dann abgeholt;
später oft schon in Plattling. Manchmal war nur wenig Zeit zum Umsteigen, der Zug verspätet, dann wurde es spannend, zumal, wenn beim Rennen auch noch das Kinderköfferle zu Boden fiel und Kind samt Kofferinhalt aufgeklaubt werden musste. Irgendwie haben wir es aber immer geschafft.
Im Urlaub ging es dann in den Wald, der war gleich neben dem Haus der Großeltern in der "Einschicht".
Die Großmutter sammelte fleißig Beeren, geschickt, schnell und gewandt und verkaufte das meiste davon dann an der Sammelstelle im Dorf. Sie war gut ausgerüstet, mit flinken Händen, einem Heidelbeerkamm, aus dem sie dann mit genau der richtigen Portion Atemluft immer wieder die Blättchen ausblies; das kleine Sammelgefäß war mit einem Gürtel um die Hüfte befestigt und wurde in regelmäßigen Abständen in den
großen Eimer umgefüllt. Ach, wie habe ich sie bewunderte, wie schnell und flink ging das - und wie mühsam bei mir, mit meinen kleinen Händen. Kaum eine Bodendecke brachte ich in meinem Gefäß zusammen, wenn das ihre schon voll war. (Vermutlich marschierte der Großteil der Heidelbeeren doch etwas höher in meinen Mund....).Zuhause gab es dann "Hoiberwacker" - dicke Pfannkuchen mit aufgestreuten Heidelbeeren, die in der Pfanne aufschmorten und Saft zogen, darüber Zucker und dazu ein Glas frische Milch. Daran erinnern
die Socken.
Am Tag vor der Heimreise wurde dann nicht nur gepackt und das große Gepäck bereits auf dem Bahnhof zum Transport aufgegeben. Nein, da ging es auch nochmal in den Wald, zum Heidelbeerpflücken.
Vater, Mutter und wir Kinder. Sorgsam verpackt in einen großen Spannkorb wurde auch die Heidelbeeren-Herrlichkeit über die Umsteigebahnhöfe getragen, unter Bänken oder in Gepäcknetzen verstaut. So genau weiß ich das nicht mehr, aber vermutlich hat meine Mutter dann - endlich zu Hause- , bevor sie sich über die Wäsche hermachte, in die Küche gestellt, den großen Topf geholt und Heidelbeermarmelade eingekocht.
Die gab es freilich nicht zum Frühstück, nicht aufs Brot, sondern als Aufstrich auf die Pfannkuchen, die es so ungefähr jede zweite Woche, immer Dienstags, zu Mittag gab.
Denn am Dienstag gab es ein "süßes Mittagessen". Bei uns wurde schwäbisch-traditionell gekocht:
Sonntags Braten mit Spätzle und Kartoffelsalat. Davor eine Suppe auf Fleischbrühbasis. Montags gab es die Reste. Von beidem. Und dienstags dann eben etwas Süßes. Pfannkuchen oder Reisauflauf.  Aber ich schweife ab.

4. Die Liebe zu selbstgepflückten  Heidelbeeren hat sich vererbt, aber nur selten gelang es mir mit meinen Kinder in ihren Genuss zu kommen, denn ach, die Ferien liegen so elend spät, dass die Zeit der Heidelbeeren oft schon vorbei war, wenn wir kamen. Vor einigen Jahren, als ich mit Mutter, Sohn und Nichte einige Tage
"im Woid" war, hofften der Sohn und ich wenigestens auf ein Becherle voll, auf dem Schachten, der Hochweide, auf dem Weg zum Falkenstein. Aber nix war es. Keine einzige war zu finden. Alles weg oder gar nicht dagewesen. Nur der Regen tröpfelte und tropfte  in Perlen, groß wie Heidelbeeren. So standen wir verfroren  auf dem Gipfel
und zogen - enttäuscht, weil ohne Heidelbeeren - wieder zu Tal!

10 Kommentare:

Conny hat gesagt…

Liebe Ingrid,

klasse die Heidelbeersocken und eine wunderschöne Geschichte aus deiner Kindheit.

Einen schönen Sonntag noch,
LG Conny

sylie hat gesagt…

der name paßt perfekt zu deinen neuen socken
eine schöne farbe

lg sylvia

Hilda hat gesagt…

Liebe Ingrid,

so schön sind Deine Heidelbeersocken und eine wunderschöne Geschichte dazu. Einfach toll!

Liebe Grüße
Hilda

Anonym hat gesagt…

Liebe Ingrid, was für tolle Socken du gestrickt hast .. und die Heidelbeergeschichte aus deiner Kindeszeit!
ach und der Baum ist ja lustig mit den Pilzen, ob da nachts die Elfen und Kobolde tanzen *zwinker*

Lieben Sonntagsgruss Elke

Sonja`s Gestricksel hat gesagt…

Liebe Ingrid,
mit den Heidelbeeren hast du die Farbe genau beschrieben,war auch mein erster Gedanke:)Die Socken sind wunderschön geworden!
LG Sonja

Waltraud hat gesagt…

Super die Heidelbeersocken und eine wunderschöne Kindheitsstory.LG Waltraud

Freu-Zeit hat gesagt…

Die Socken haben eine total leckere Farbe...hm...! Solche Kindheitserinnerungen zum Heidelbeersammeln habe ich auch. Bei uns wurde dann immer noch vor Schlangen gewarnt, sodass ich mit dem Sammeln immer noch Vorsicht verbinde.
Danke schön auch für den Link zu den Bündchenmustern!

Einen schönen onntagnachmittag wünscht
Doro

Tina hat gesagt…

Die Idee mit dem Bündchenmuster ist ja toll, das muß ich auch mal ausprobieren - deine Heidelbeersocken sind sehr schön geworden!
Wir waren letzte Woche auch in den Heidelbeeren, allerdings wächst dieses Jahr so gut wie gar nichts, leider :-(

liebe Grüße
Tina

Bloomsbury hat gesagt…

Ja, die Heidelbeersocken und das Erzählte dazu sind sehr schön. Das Bild erinnert an das Dreiländereck (drei Länder stoßen dort aufeinander - Deutschland, Tschechien und...). Ist es dort aufgenommen?

LG Bloomsbury

Friederike hat gesagt…

"falsches Schwarzwaldzöpfle" gefällt mir gut, das muss ich gleich übernehmen, wenn ich darf. Danke. Und danke für's verlinken.
lieben Gruß, Friederike

Der Frühling kommt....

 ... und auch Ostern ist nicht mehr weit.  Daher habe ich vor einiger Zeit schon die Oster-Sneakers gestrickt. Angeregt durch Blockstreifen-...